40 Euro für den Check-in am Flughafen – und das gleich mehrfach? Diese Praxis hat ein Gericht nun gestoppt. Wizz Air muss tausenden Kundinnen und Kunden Geld zurückzahlen und mehrere Geschäftsbedingungen ändern. Auslöser war eine erfolgreiche Klage der Arbeiterkammer (AK). Der Entscheid betrifft vor allem Check-in-Gebühren, die die Airline seit 2018 verlangte – und teils schrittweise anhob. Betroffen sind Verbraucherinnen und Verbraucher mit gewöhnlichem Wohnsitz in Österreich. Das Rückerstattungsprogramm läuft mindestens bis zum 31. Dezember 2027.
Was das Urteil bedeutet
Im Kern hat das Gericht mehrere Punkte als unzulässig eingestuft. Der wichtigste: Die Gebühr für den Check-in am Flughafen muss vollständig zurückgezahlt werden, wenn sie nach 2018 kassiert wurde. Die Summe stieg über die Jahre: anfangs 30 Euro, ab März 2021 35 Euro, ab November 2022 40 Euro. Wer die Gebühr bereits vor 2019 bezahlt hat, kann die Rückzahlung über das Kontaktcenter beantragen.
Ebenfalls untersagt wurde die automatische Umwandlung von Rückzahlungen in interne Guthaben („Wizz Credits“) ohne ausdrückliche Zustimmung. Heißt: Wer sein Geld zurück will, darf nicht in ein Guthaben gedrängt werden. Das ist ein wichtiger Punkt für alle, die in der Vergangenheit nur Credits statt Bargeld bekommen haben. Die Entscheidung stärkt damit klar die Wahlfreiheit der Kundinnen und Kunden.
Auch bei abgelaufenen Wertgutscheinen greift das Urteil. Kundinnen und Kunden mit verfallenen Wizz-Gutscheinen erhalten neue Codes. Diese sind fünf Jahre ab Neuausstellung gültig. Bei bereits verfallenen Credits gibt es künftig die Wahl: Entweder eine Auszahlung in bar (auf das ursprüngliche Zahlungsmittel) oder neue Credits mit einer Gültigkeit von fünf Jahren ab Neuausstellung.
Die Airline kündigte an, aktive Kontoinhaberinnen und -inhaber direkt über mögliche Ansprüche zu informieren. Wer einen klaren Anspruch hat und sich meldet, soll in berechtigten Fällen mit einer zügigen Bearbeitung rechnen. Nach Unternehmensangaben gehen Cash-Rückzahlungen in geeigneten Fällen innerhalb von rund 72 Stunden raus.
Wichtig ist die Abgrenzung zu allgemeinen Fluggastrechten. Es geht hier nicht um Entschädigungen bei Verspätungen oder Annullierungen, sondern um Gebühren und AGB-Klauseln. Bei regulären Stornierungen durch Passagiere behielt Wizz Air bisher Stornogebühren ein und zahlte mögliche Restbeträge oft als Credits aus – teils mit Bonus (bis zu 120 Prozent des Flugpreises). Diese Credits liefen in der Regel nach einem Jahr ab. Künftig darf die Airline solche Lösungen nicht mehr einseitig aufzwingen. Wer lieber Geld zurück möchte, kann es verlangen. Wer freiwillig Guthaben wählt, profitiert jetzt von deutlich längeren Laufzeiten.
So wirken sich die Entscheidungen konkret aus:
- Ein Flug im Juli 2021 mit Check-in am Schalter? Die damals fälligen 35 Euro werden vollständig erstattet.
- Ein Check-in im Dezember 2022 mit 40 Euro Gebühr? Auch hier gibt es den vollen Betrag zurück.
- Ein 2020 abgelaufener Gutschein? Es kommt ein neuer Code, fünf Jahre gültig ab Neuausstellung.
- Abgelaufene Credits? Wahl zwischen Barauszahlung oder neuen Credits mit fünf Jahren Laufzeit.
Für Konsumentinnen und Konsumenten in Österreich bedeutet das: Wer Belege hat, kann sich auf reale Beträge freuen. Gerade Vielflieger, Familien oder Gruppen, die mehrfach am Schalter eingecheckt haben, kommen schnell auf dreistellige Summen.
So holen sich Betroffene ihr Geld zurück
Anspruchsberechtigt sind Personen mit gewöhnlichem Wohnsitz in Österreich. Die Rückerstattungen für Check-in-Gebühren betreffen vor allem Zahlungen ab 2019; bei früheren Fällen (2018 und davor) läuft der Antrag über das Kontaktcenter. Die Frist: mindestens bis 31. Dezember 2027.
Der Weg zur Rückzahlung ist überschaubar. Wer systematisch vorgeht, hat wenig Aufwand.
- Anspruch prüfen: War der Check-in am Flughafen? Wurde eine Gebühr von 30, 35 oder 40 Euro berechnet? Fällt die Buchung in die Zeit nach 2018?
- Unterlagen sammeln: Buchungsnummer, E-Mails, Zahlungsbelege, Kontoauszüge. Hilfreich sind Bordkarten oder Screenshots aus dem Profil.
- Wizz-Konto öffnen: Im Kundenkonto prüfen, ob die Airline bereits informiert hat. Oft wird dort ein Hinweis oder ein Antragstool freigeschaltet.
- Kontaktcenter nutzen: Fälle vor 2019, abgelaufene Gutscheine/Credits oder strittige Konstellationen gehören ins Kontaktcenter. Dort auch die gewünschte Auszahlungsart angeben (Geld oder Credits).
- Auszahlungsweg festlegen: Wer Bares will, nennt das ursprüngliche Zahlungsmittel. Wer Credits wählt, profitiert von fünf Jahren Gültigkeit – praktisch für Vielbucher.
- Fristen notieren: Das Programm läuft bis Ende 2027. Trotzdem besser bald handeln, damit Unterlagen auffindbar bleiben.
- Bestätigung sichern: Eingangsbestätigungen speichern, Aktenzeichen notieren, Screenshots machen.
Gut zu wissen: Auch bei freiwilligen Stornierungen gilt weiterhin, dass Stornogebühren anfallen können. Übersteigt die Zahlung diese Gebühren, wird die Differenz grundsätzlich erstattet. Entscheidend ist, dass die Umwandlung in Guthaben nicht mehr automatisch passiert. Wer eine Rückzahlung aufs ursprüngliche Zahlungsmittel möchte, kann das verlangen.
Für Gruppenbuchungen oder Buchungen über Reiseportale lohnt ein zweiter Blick: Oft läuft die Rückzahlung an die Person, die bezahlt hat. In solchen Fällen sollte die Gruppe intern klären, wer welchen Anteil erhält. Bei Minderjährigen oder Buchungen im Namen anderer braucht es meist eine kurze Vollmacht oder Klarstellung, wer die Erstattung entgegennehmen darf.
Damit Anträge reibungslos durchgehen, hilft etwas Ordnung. Wer viele Flüge gebucht hat, legt am besten eine Liste an: Buchungscode, Reisedatum, Höhe der Check-in-Gebühr, Zahlungsart, Status der Rückzahlung. Das spart Nachfragen und beschleunigt die Bearbeitung.
Zum Schutz vor Betrug gilt: Anträge nur über offizielle Kanäle stellen. Keine Daten per E-Mail an unbekannte Absender schicken. Die Airline wird keine Passwörter oder TANs abfragen. Im Zweifel beim offiziellen Kontaktcenter nachfragen.
Was ändert sich durch das Urteil in der Praxis? Erstens werden unzulässige Gebühren rückabgewickelt. Zweitens entscheiden Passagiere selbst, ob sie Geld oder Credits wollen. Drittens werden bereits verfallene Gutscheine und Credits wieder nutzbar – mit deutlich längeren Fristen. Das entlastet Haushalte, die nach der Pandemie auf Gutscheinen sitzen geblieben sind.
Hintergrund ist die strenge Kontrolle von AGB gegenüber Konsumentinnen und Konsumenten. Ohne klare Zustimmung dürfen Unternehmen Kundengelder nicht einfach in interne Guthaben umleiten. Und Zusatzentgelte müssen transparent und rechtlich zulässig sein. Genau an diesen Punkten hat das Gericht nachgeschärft.
Noch ein Blick auf typische Sonderfälle:
- Bargeld statt Bonus: Credits mit 120-Prozent-Bonus klingen attraktiv, binden aber an die Airline. Wer flexibel bleiben will, fährt mit Bargeld besser.
- Reisen verschoben? Mit fünf Jahren Laufzeit sind neue Gutscheine und Credits deutlich entspannter planbar – etwa für Urlaubsflüge 2026/2027.
- Kein Konto mehr? Auch ohne aktives Online-Profil lässt sich über das Kontaktcenter ein Antrag stellen – mit Buchungs- und Zahlungsbelegen.
- Alte E-Mails weg? Kontoauszüge des Zahlungsdienstleisters (Kreditkarte, PayPal, Bank) helfen, die Gebühren nachzuweisen.
Für die Airline ist das Urteil ein Weckruf: Zusatzeinnahmen über Gebührenmodelle geraten rechtlich schnell unter Druck, wenn sie Kundinnen und Kunden benachteiligen. Für Reisende ist es eine Erinnerung, Belege aufzuheben und Ansprüche zu prüfen. Wer am Schalter bezahlt hat, sollte sich sein Geld zurückholen – am besten mit System und innerhalb der Frist.